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Anschließend gab's im Park ein Fotoshooting mit dem Leipziger Fotograf Eric Kemnitz.

VON JULIA HORN
erschie­nen im Stadt­ma­ga­zin Urba­ni­te, Aus­ga­be Dezem­ber 2019

Meh­re­re Chö­re, über 350 Sän­ger und Sän­ge­rin­nen und Auf­trit­te in der gan­zen Welt: Die Scho­la Can­torum Leip­zig ist eine der größ­ten Chor­schu­len in Mit­tel­deutsch­land. Zahl­rei­che Kin­der und Jugend­li­che wer­den hier aus­ge­bil­det. Durch ihr Hob­by ler­nen sie aber noch viel mehr als Singen.

Es ist ein Don­ners­tag­nach­mit­tag, 16 Uhr. In den Räu­men der Scho­la Can­torum, nahe des Johan­na­parks im Leip­zi­ger Zen­trum-West, wird geprobt. "Sankt Niko­laus ist hier", tönt es aus einem Klas­sen­zim­mer im ers­ten Stock. Kla­vier­klän­ge und Glo­cken­ge­räu­sche beglei­ten die hel­len Stim­men. Sie gehö­ren sie­ben Mäd­chen und zwei Jun­gen im Grund­schul­al­ter, die ihrer Gesangs­leh­re­rin nach­sin­gen. Die "Bachs­pat­zen" nennt sich der Kin­der­chor, der zum musi­ka­li­schen Nach­wuchs der Scho­la Can­torum gehört.

Mit Musik groß werden

Die musik­päd­ago­gi­sche Ein­rich­tung, die zu Deutsch "Sing­schu­le" heißt, ver­eint meh­re­re Chö­re unter einem Dach. Neben den "Bach- und Petris­pat­zen" gibt es den Kin­der­chor, einen Mäd­chen­chor sowie einen Frau­en- und einen Kam­mer­chor. Kin­der­gar­ten­kin­der sin­gen außer­dem im Vor­schul­chor oder neh­men an der musi­ka­li­schen Früh­erzie­hung teil. Die ver­schie­de­nen Ensem­bles der Schu­le gestal­ten jähr­lich zwi­schen 40 und 50 Kon­zer­te vor mehr als 10.000 Zuhö­rern. Gesun­gen wer­den Kin­der- und Volks­lie­der, aber auch Wer­ke von mit­tel­deut­schen Musik­grö­ßen wie Bach, Men­dels­sohn und Brahms.

Gegrün­det wur­de die Scho­la Can­torum von dem Musik­päd­ago­gen Rein­hardt Syh­re. Er rief die Sing­schu­le im Jahr 1963 im Leip­zi­ger Stadt­teil Mari­en­brunn als Schul­chor ins Leben. Unter Syh­res Lei­tung wirk­te das Ensem­ble bis in die 1980er Jah­re an der Leip­zi­ger Oper und am Leip­zi­ger Gewand­haus. Dann über­nahm die Stadt den Chor als "Kin­der­chor der Stadt Leip­zig". Nach der Wie­der­ver­ei­ni­gung wur­de die Ein­rich­tung schließ­lich an das Schul­ver­wal­tungs­amt, heu­te Amt für Jugend, Fami­lie und Bil­dung, ange­glie­dert. Damals erhielt die Scho­la Can­torum auch ihren jet­zi­gen Namen. Bis heu­te arbei­tet sie unter der Trä­ger­schaft der Stadt.

Über 350 Kin­der, Jugend­li­che und Erwach­se­ne musi­zier­ten im Jahr 2019 unter dem Dach der Sing­schu­le. Hin­zu kom­men rund 40 Mit­ar­bei­ter und Ehren­amt­li­che. Die Scho­la Can­torum Leip­zig ist damit eine der größ­ten und aktivs­ten Chor­for­ma­tio­nen Mit­tel­deutsch­lands. Ihre Mit­glie­der sind in den ver­gan­ge­nen Jah­ren unter ande­rem in Frank­reich, Polen und Finn­land auf­ge­tre­ten, berich­tet Mar­cus Fried­rich. Der Leip­zi­ger hat die künst­le­ri­sche Lei­tung der Schu­le inne. Er sagt: "Ich stel­le immer wie­der fest, wie begeis­tert man andern­orts über unser Tun und über die Musik­stadt Leip­zig spricht."

Aller­dings hal­te sich sein per­sön­li­cher Ehr­geiz bezüg­lich der Aus­lands­auf­trit­te in Gren­zen. "Ich fin­de es wich­ti­ger, dass wir vor Ort eine gute päd­ago­gi­sche, musi­ka­li­sche und inhalt­li­che Arbeit machen", so der stu­dier­te Kir­chen­mu­si­ker. Es ist ihm wich­tig, dass beim wöchent­li­chen Mit­ein­an­der auch Wer­te wie Ver­ant­wor­tungs­be­wusst­sein und Zuver­läs­sig­keit ver­mit­telt wer­den. Die Schu­le enga­gie­re sich seit vie­len Jah­ren für Viel­falt, Tole­ranz und Demo­kra­tie. "Man könn­te auch sagen, wir ver­fol­gen ein päd­ago­gi­sches Kon­zept, das den gan­zen Men­schen und die Gesell­schaft im Blick zu behal­ten ver­sucht", so Friedrich.

Nachwuchs fördern – und sichern

Er erläu­tert, dass das Sin­gen im Chor für die Kin­der eine Viel­zahl an Vor­tei­len mit sich bringt. Sie ent­wi­ckel­ten inner­halb von Wochen mehr Selbst­be­wusst­sein, "wenn bei­spiels­wei­se Mit­glie­der des Kin­der­cho­res an einer Solo­rol­le über sich hin­aus­wach­sen und fast Unglaub­li­ches fer­tig­brin­gen." Beim Sin­gen wür­den kör­per­ei­ge­ne Glücks­hor­mo­ne wie Endor­phin, Sero­to­nin, Dopa­min und Adre­na­lin frei­ge­setzt. So ver­bes­se­re sich der Gefühls­zu­stand und nicht zuletzt auch die Gesund­heit. "Musi­zie­ren­de Kin­der ler­nen Fremd­spra­chen bes­ser, brau­chen im Alter oft län­ger kein Hör­ge­rät und kön­nen sich bes­ser kon­zen­trie­ren", so Friedrich.

Kin­der ab zwei Jah­ren besu­chen die musi­ka­li­sche Früh­erzie­hung der Schu­le. Beim gemein­sa­men Sin­gen, Tan­zen und Bas­teln wer­den die Jun­gen und Mäd­chen spie­le­risch ans Musi­zie­ren her­an­ge­führt. Durch den Unter­richt wer­den die Fein­mo­to­rik und der Sprach­er­werb der Kin­der geför­dert. Sie ent­wi­ckeln Krea­ti­vi­tät und sozia­le Kom­pe­ten­zen. Aber auch die Schu­le selbst pro­fi­tiert: Für sie ist die Früh­erzie­hung ein "Bau­stein in der Nach­wuchs­si­che­rung", sagt Fried­rich. Schließ­lich wer­den eini­ge der Kin­der spä­ter Teil der Spat­zen- und Vorschulchöre.

Wei­te­re talen­tier­te Nach­wuchs­sän­ger und ‑sän­ge­rin­nen fin­den Mit­ar­bei­ter der Scho­la Can­torum durch den Besuch von Musik­un­ter­richt in Schu­len. "Dabei fällt schnell auf, wo sich die gesang­li­chen Talen­te ver­ber­gen. Die betref­fen­den Kin­der erhal­ten von uns einen Brief mit wei­te­ren Infor­ma­tio­nen und sit­zen mit etwas Glück bald in ihrer ers­ten Chor­pro­be", erzählt der Chor­lei­ter. So wie die "Bachs­pat­zen". Sie üben mit "Der Niko­laus ist hier" schon eif­rig für die Auf­trit­te in der Weihnachtszeit.

Titelfoto: Eric Kemnitz
Die Schola Cantorum Leipzig wurde 1963 gegründet und vereint heute etwa 300 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in verschiedenen Ensembles.
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