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Holocaust-Mahnmahl Berlin

80 Jah­re nach der soge­nann­ten Reichs­kris­tall­nacht im Jahr 1938 ste­hen die zeit­ge­nös­si­schen Kam­mer­opern „Frei­berg“ und „Letz­te Tage Łódź“ als Stu­dio­pro­duk­ti­on der Hoch­schu­le für Musik und Thea­ter "Felix Men­dels­sohn Bar­thol­dy" Leip­zig auf dem Programm.

In der Wäch­ter­stra­ße, nur zwei Minu­ten vom Haupt­ge­bäu­de der Hoch­schu­le in der Gras­si­stra­ße 8, ent­fernt, wur­de eine Vil­la zum Zufluchts­ort für mehr als 1000 Leip­zi­ger Juden – weni­ge Tage spä­ter, am 9. Novem­ber 1938, brann­ten Syn­ago­gen und jüdi­sche Kauf­häu­ser: Das war der Anfang ...

80 Jah­re danach, am 10. Novem­ber 2018, wer­den Stu­die­ren­de der Fach­rich­tung Klas­si­scher Gesang/Musiktheater der Leip­zi­ger Hoch­schu­le für Musik und Thea­ter als ers­te Stu­dio­pro­duk­ti­on des Stu­di­en­jah­res 2018/19 zwei musik­dra­ma­ti­sche Wer­ke in der Black­box am Dittrich­ring zur Urauf­füh­rung brin­gen: „Frei­berg“ und „Letz­te Tage Łódź“

Bei­de Kam­mer­opern han­deln von den aller­letz­ten Momen­ten des Welt­krie­ges – hier auf einem Bahn­hof im Erz­ge­bir­ge, dort in einem Ver­steck im Ghet­to Łódź. Die Libret­ti sind aus den Berich­ten von Über­le­ben­den ent­stan­den. Die musi­ka­li­sche Lei­tung über­nimmt Ulrich Pakusch (Lehr­auf­trag Par­tien­stu­di­um in der Fach­rich­tung Klas­si­scher Gesang/Musiktheater).

„FREIBERG“ han­delt im April 1945. Auf dem Bahn­hof Frei­berg wer­den 1000 jüdi­sche Mäd­chen und Frau­en auf Koh­le­wag­gons ver­la­den: Ghet­to, Ram­pe, Block, Zwangs­ar­beit haben sie über­lebt – Han­ka, eine der Frau­en, ist hoch­schwan­ger. Jetzt muss sie eine zwei­wö­chi­ge Irr­fahrt über­ste­hen, auf der ihr Kind gebo­ren wer­den wird. Am 5. Mai 1945 wer­den sie und ihr Baby von der 3. US Army geret­tet. Die Kom­po­si­ti­ons­ar­beit „Frei­berg“ wur­de auf vie­le jun­ge Schul­tern ver­teilt: Daria Mami­no­va (Russ­land), Ido Spak (Isra­el) und Max-Lukas Bene­dikt Hun­dels­hau­sen (Deutsch­land, Meis­ter­schü­ler bei Prof. Dr. h.c. Wolf­gang Rihm/Karlsruhe) schrie­ben die Musik zu die­ser Kam­mer­oper für sechs Frauenstimmen.

Regis­seur Mar­kus Gil­le beschreibt „Frei­berg“ wie folgt: „Das Libret­to baut sich drei­mal aus dem sel­ben Wort-Motiv auf. Die fast wört­lich glei­chen Text­bau­stei­ne wer­den die drei unter­schied­li­chen Kom­po­si­ti­ons­spra­chen zusam­men­zu­hal­ten. Außer­dem haben wir die Par­tien mit bekann­ten Rol­len aus der Opern­li­te­ra­tur bezeich­net – so wie sich Stu­den­ten typi­scher­wei­se bei ihren Vor­sin­gen prä­sen­tie­ren: näm­lich als ,Susan­na‘ oder ,Bar­ba­ri­na‘. Alle drei Kom­po­nis­ten haben also eine ,Susan­na‘ im Kopf, wenn sie zum Bei­spiel die Gesangs­li­nie für einen jun­gen Frei­ber­ger Flak­hel­fer schrei­ben, der bei uns von einem lyri­schen Sopran gesun­gen wird.“

„Letz­te Tage Łódź“ wur­de von dem aus Süd­ko­rea stam­men­den Juhe­on Han (1. Kapell­meis­ter am Mit­tel­säch­si­schen Thea­ter Freiberg/Döbeln) als Mono­log für Bari­ton und gro­ßes Orches­ter kom­po­niert. Der Sän­ger befin­det sich allein mit sich und sei­nen Gedan­ken im Gespräch.

Mar­kus Gil­le nennt sei­nen Text ein „Still­le­ben“ – die Form ent­stand aus dem his­to­ri­schen Kontext:
Archi­tekt Gut­mann und sei­ne 12-jäh­ri­ge Toch­ter gehö­ren im Janu­ar 1945 zu den letz­ten leben­den Bewoh­nern des Ghet­tos Łódź. Hun­dert­tau­sen­de Men­schen sind von Łódź in die Ver­nich­tungs­la­ger gebracht wor­den. Als die Stadt kurz vor der Befrei­ung durch die Rote Armee steht, ver­ste­cken sich Gut­mann und sei­ne Toch­ter. Zwei Wochen müs­sen sie aus­har­ren: Jedes Wort, jede Bewe­gung kann sie in Lebens­ge­fahr brin­gen. Die Par­tie des Gut­mann wird von dem Bari­ton Andrii Cha­kov aus Kiew über­nom­men, der ab der Spiel­zeit 2018/19 am Mit­tel­säch­si­schen Thea­ter Freiberg/Döbeln enga­giert ist.

Bei­de Kam­mer­opern wer­den mit einer Pau­se zwi­schen den Wer­ken auf­ge­führt. Jeweils eine hal­be Stun­de vor Beginn der Vor­stel­lun­gen gibt Libret­tist Mar­kus Gil­le eine Einführung.

Titelfoto: Michael Fousert
Die Schola Cantorum Leipzig wurde 1963 gegründet und vereint heute etwa 300 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in verschiedenen Ensembles.
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