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Die Schola Cantorum (zu Deutsch: Singschule) wurde im Jahr 1963 als Kinder- und Jugendchor gegründet, arbeitet seit 1982 unter Trägerschaft der Stadt und ist heute die musikalische Heimat von über 300 Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, wichtiger lokaler Bildungsträger sowie klingende Botschafterin der Musikstadt Leipzig.

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Schola Cantorum Leipzig: Standort
Szene Aus Den Uraufführungen "Freiberg" / "Letzte Tage Łódź" An Der HMT Leipzig
Uraufführung von zwei Opern an der Leipziger HMT

Zum Gedenken an die Pogromnacht

VON ROLAND H. DIPPEL
erschie­nen in der Leip­zi­ger Volks­zei­tung am 13. Novem­ber 2018

Die­ser anspruchs­vol­le Bekennt­nis-Kraft­akt fällt aus dem Rah­men: Seit Mona­ten arbei­tet die Hoch­schu­le für Musik und Thea­ter "Felix Men­dels­sohn Bar­thol­dy" an der Stu­dio­pro­duk­ti­on von zwei Opern zum 80. Jah­res­tag der Reichs­po­grom­nacht. Bei der Urauf­füh­rung des Koope­ra­ti­ons­pro­jekts mit dem Deutsch-Rus­si­schen Zen­trum saßen am Sams­tag­abend die Säch­si­schen Staats­mi­nis­te­rin­nen Petra Köp­ping und Eva-Maria Stan­ge sowie Avi Pri­mor, ehe­ma­li­ger deut­scher Bot­schaf­ter Isra­els, im Publikum.

Die Idee hat­te der Leip­zi­ger Regis­seur und Autor Mar­kus Gil­le. Nach Berich­ten Über­le­ben­der und Recher­chen in Isra­el schrieb er die bei­den Text­bü­cher, die in den aller­letz­ten Momen­ten des Zwei­ten Welt­krie­ges auf einem Bahn­hof im Erz­ge­bir­ge und in einem Ver­steck im Ghet­to Łódź spie­len. Dabei trägt die­ser Abend vor allem durch die Musik, die nach der Pau­se immer mehr in den Vor­der­grund tritt. Sie und die Sze­ne zwin­gen zu einer emo­tio­na­len Rei­se in die Abgrün­de des 20. Jahr­hun­derts. Die Musik tut das in den drei "Freiberg"-Akten von Dari­ya Mami­no­va ("Das Kind"), Ido Spak ("Fla­schen­post") und Max-Lukas Bene­dikt Hun­dels­hau­sen ("Die wei­ße Stadt") mit zuneh­mend rausch­haf­ter, sehr frei­er Tona­li­tät. Doch bei der Ent­schlüs­se­lung der Figu­ren und dem, was sich hin­ter ihnen ver­birgt, lässt Gil­le sein Publi­kum weit­ge­hend auf sich gestellt.

Dabei ist der Auf­wand raum­spren­gend wie der Inhalt. Auf der lin­ken Flä­che der Black Box sitzt ein gro­ßes Kam­mer­en­sem­ble, die Stim­men der Scho­la Can­torum Leip­zig und der Solis­ten des Frei­ber­ger Kam­mer­cho­res drin­gen aus dem Sei­ten­raum. Vom Mit­tel­säch­si­schen Thea­ter Döbeln-Frei­berg kom­men Juhe­on Han, der Diri­gent und Kom­po­nist des ers­ten Stücks, und der Bari­ton Andrii Chakov.

Sein Solo "Letz­te Tage Łódź", hier in der Kam­mer­ver­si­on für Kla­vier und Vio­li­ne anstel­le einer gro­ßen Orches­ter­be­set­zung, zeich­net mehr die Gedan­ken­spi­ra­le im von Todes­angst auf­ge­la­de­nen War­ten als die Bedro­hung durch Nazi­scher­gen, die mit Spür­hun­den die ver­bor­gens­ten Schlupf­win­kel aus­he­ben. Mau­er­ele­men­te und ein Sei­ten­raum, wo in und an einer bron­ze­nen Tru­he die Fami­lie des ver­folg­ten Archi­tek­ten kau­ert, sind in Chris­ti­ne Gott­schalks Büh­nen­raum eine Spur zu ästhe­tisch gera­ten. Es gibt viel Nebel. Orli Baruchs Kos­tü­me fan­gen dage­gen die Ent­wür­di­gung mit ganz ein­fa­chen Mit­teln ein. Beein­dru­ckend sicher sind alle Solis­tin­nen aus dem Leip­zi­ger Mas­ter­stu­di­en­gang Gesang und Na’ama Shul­man als Gast aus Israel.

Der Sog ist groß, doch schon beim star­ken Schluss­ap­plaus wird die Erin­ne­rung an die gehör­te Musik brü­chig. Das liegt auch dar­an, dass im 60-minü­ti­gen "Freiberg"-Teil auf Dari­ya Mino­no­vas eher dekla­ma­to­risch akzen­tu­ier­te Kom­po­si­ti­on zwei kan­ta­ten­haft gewei­te­te Groß­for­men fol­gen, die den jun­gen Stim­men beträcht­li­che Reser­ven abfor­dern. Da wird offen­bar, dass sowohl "Letz­te Tage Łódź" wie auch "Frei­berg" eigent­lich kei­ne expli­zi­ten Büh­nen­wer­ke sind. Der als Urauf­füh­rungs­di­ri­gent erfah­re­ne Ulrich Pakusch hält die Solis­ten und das mit eini­gen Musi­kern aus Frei­berg erwei­ter­te Kam­mer­or­ches­ter der Hoch­schu­le sou­ve­rän zusammen.

Das muss so sein und trotz­dem kris­tal­li­siert sich gera­de dadurch her­aus, dass man es eine Spur zu kal­ku­liert auf die Betrof­fen­heit der Hörer absieht. Mar­kus Gil­le greift mit gro­ßer Selbst­si­cher­heit nach Gefüh­len und ver­baut sich so die ehr­li­che Über­wäl­ti­gung des Publi­kums, weil er den Weg zur Betrof­fen­heit mit spür­ba­rem Druck erzwin­gen will. Die HMT zeigt als Rah­men­pro­gramm eine von der Holo­caust-Gedenk­stät­te Yad Vas­hem Jeru­sa­lem (Isra­el) kon­zi­pier­te Aus­stel­lung – wider das Vergessen.

Titelfoto: Siegfried Duryn
Die Schola Cantorum Leipzig wurde 1963 gegründet und vereint heute etwa 300 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in verschiedenen Ensembles.
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