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Tastatur einer Schreibmaschine der Marke "Corona"

VON CLAUDIA KOESTLER
erschie­nen im Isar-Loi­sach Boten am 14. April 2010

Wenn rund um Icking ver­geb­lich nach einem Park­platz gesucht wird, ist der Grund dafür oft eine Stipp­vi­si­te von Phil­ipp Ame­lung. Seit vier­ein­halb Jah­ren arbei­tet der Ickin­ger Chor- und Orches­ter­di­ri­gent schon in Leip­zig. Doch zum ers­ten Mal gab es jetzt am Sonn­tag Gele­gen­heit, den von ihm gelei­te­ten Chor "Scho­la Can­torum Leip­zig" in Ame­lungs alter Hei­mat zu hören. Zuvor aller­dings erfreu­te die jun­ge A‑Ca­pel­la-For­ma­ti­on "A‑Sing D‑Sing" aus dem Würm­tal das Publi­kum als Vor­grup­pe mit "Wise-Gyus"-Liedern und ern­te­te dafür viel Applaus.

Mit sei­nen hoch­mo­ti­vier­ten jun­gen Sän­ge­rin­nen hin­ter­ließ aber vor allem der Leip­zi­ger Chor in der voll­be­setz­ten Ickin­ger Grund­schul­au­la einen her­vor­ra­gen­den Ein­druck. Zu Beginn nahm bei Egil Hov­lands "O Come, Let Us Sing" der homo­ge­ne Klang der Stim­men und die prä­zi­se, aber unfor­cier­te Into­na­ti­on gefan­gen. Auch das nach­fol­gen­des Madri­gal "In The­se Delightful Plea­sant Gro­ves" von Hen­ry Pur­cell into­nier­te der Chor selbst­be­wusst, prä­zi­se, aber nicht über­trie­ben. Bruch­los beweg­te sich das Ensem­ble zwi­schen inten­si­vem Pia­no und raum­fül­len­dem For­te. Gera­de­zu kör­per­lich spür­bar wur­de das "kran­ke Mägd­lein" im gleich­na­mi­gen Werk von Max Zen­ger, wobei die zar­te, zer­brech­li­che Stim­mung in der den­noch dif­fe­ren­ziert-trans­pa­ren­ten Inter­pre­ta­ti­on gera­de den Reiz ausmachte.

Mit flot­ter Sicher­heit und Genau­ig­keit sowie dyna­mi­scher Aus­dif­fe­ren­zie­rung wur­de dar­auf­hin der Chan­son "Il est bel et bon" von Pierre Pas­ser­au mit sei­ner Nach­ah­mung von Hen­nen­ge­ga­cker into­niert. Die lyrisch auf­ge­hell­te Grund­stim­mung des Volks­lie­des "Im schöns­ten Wie­sen­grun­de" zeich­ne­ten die Sän­ger fein und klang­schön nach. Das Osti­na­to von Jósef Swi­der hin­ge­gen erklang eher rhyth­misch archai­sie­rend, mes­ser­scharf, trotz­dem rauh und packend.

Ein Höhe­punkt Robert Schu­manns Lie­der "Nänie", "Trio­lett" und "Spruch" sowie die nach­fol­gen­den "Mäd­chen­lie­der" "Mai­lied", "Früh­lings­lied", "An die Nach­ti­gall" und "An den Abend­stern". Hier hör­te man die gro­ße Chor­er­fah­rung, die das Ensem­ble kon­se­quent auf­ge­baut und zu einem effi­zi­en­ten Klang­kör­per ent­wi­ckelt hat. Die Sän­ge­rin­nen spiel­ten char­mant und nuan­cen­reich ihre gestal­te­ri­schen Fähig­kei­ten aus, Schu­manns Lie­der erstrahl­ten facet­ten­reich. Tobi­as Stork trug dem oben­drein mit sei­nem zurück­ge­nom­me­nen, her­vor­ra­gen­den Pia­no­spiel stim­mungs­voll Rechnung.

Poly­pho­ne Durch­hör­bar­keit, gepaart mit melo­di­schem Schmelz dann mit der Film­mu­sik "Die Kin­der des Mon­sieur Mat­thieu" von Bru­no Cou­lais. Hier wur­de aller­dings das ein­zi­ge Man­ko des Cho­res deut­lich: Der Duk­tus nicht-deutsch­spra­chi­ger Lie­der klang trotz­dem noch immer stech­schritt­ar­tig deutsch. Das moch­te dem Fokus auf die Prä­zi­si­on geschul­det sein, doch man ver­miss­te ein biss­chen das char­man­te Flair, das eng­li­sche und fran­zö­si­sche Lie­der haben.

Mit dem letz­ten Block zeig­te sich der Chor als gut geschul­tes und aus­drucks­star­kes Vokal­ensem­ble, das zu gro­ßer Inten­si­tät und einer anrüh­ren­den Tie­fe des Aus­drucks fähig ist. "Deep River" war ergrei­fend wie auch "Autums Lea­ves" und "All my Tri­als". Da nahm man auch das über­stra­pa­zier­te "The Lion Sleeps Tonight" hin.

Das begeis­ter­te Publi­kum in der Aula der Grund­schu­le erklatsch­te sich ein Med­ley aus "Sis­ter Act" als Zuga­be. "Mehr geht lei­der nicht, wir müs­sen drin­gend wei­ter", ent­schul­dig­te sich Ame­lung am Ende. Trotz­dem ein gelun­ge­ner ers­ter Auf­tritt, der sicher nicht der letz­te in Icking gewe­sen sein dürfte.

Titelfoto: Peter Pryharski
Die Schola Cantorum Leipzig wurde 1963 gegründet und vereint heute etwa 300 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in verschiedenen Ensembles.
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