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Zuschauerlogen im Opernhaus
Tischbeins Gemälde "Goethe in der Campagna"
Sockel des Mozart-Denkmals Wien mit Instrumenten
Mozarts Geburtshaus in Salzburg
Handschrift eines Mozart-Streichquartetts
Kronleuchter vor dunklem Grund
Klassizistische Säulenkapitelle in Potsdam
Dachschindeln auf dem Wiener Stephansdom
Detailaufnahme einer Violine mit Steg und F-loch
Kerzen brennen im Wiener Stephansdom
Gewölbe der Nikolaikirche Leipzig
Zuschauerlogen im OpernhausTischbeins Gemälde "Goethe in der Campagna"Sockel des Mozart-Denkmals Wien mit InstrumentenMozarts Geburtshaus in SalzburgHandschrift eines Mozart-StreichquartettsKronleuchter vor dunklem GrundKlassizistische Säulenkapitelle in PotsdamDachschindeln auf dem Wiener StephansdomDetailaufnahme einer Violine mit Steg und F-lochKerzen brennen im Wiener StephansdomGewölbe der Nikolaikirche Leipzig

Dass die Epo­che des Barocks meist mit dem Jahr 1750 endet, ist eigent­lich nur der heu­ti­gen Ver­eh­rung für Johann Sebas­ti­an Bach geschul­det: Sein Todes­jahr mar­kiert angeb­lich einen Wendepunkt.

Musikgeschichte(n) aus der Quarantäne

  • Zusammenfassung 

    End­lich geht es um die ech­te “klas­si­sche” Musik!

  • Wer hat's gemacht? 

    Die­ser Arti­kel wur­de mit ♥ für Euch ver­fasst von Hen­ri­et­te. Hen­ri­et­te stu­dier­te Musik­wis­sen­schaf­ten in Wei­mar sowie klas­si­schen Gesang in Leip­zig und ist als frei­schaf­fen­de Sän­ge­rin tätig. Wäh­rend des Coro­na-Shut­downs unter­stützt sie die Scho­la Can­torum mit Bei­trä­gen zur Musik­ge­schich­te und beweist dabei: Wis­sen­schaft ist alles ande­re als graue Theorie!

  • Lesedauer 

    Lese­dau­er: 40 Minu­ten • Musik­bei­spie­le: 479 Minuten

7. Kapitel: Das 18. Jahrhundert und die Wiener Klassik

  • Zeit des Übergangs 

    Dass die Epo­che des Barocks in den meis­ten Büchern mit dem Jahr 1750 endet, ist eigent­lich nur der heu­ti­gen Ver­eh­rung für Johann Sebas­ti­an Bach geschul­det: Sein Todes­jahr (eben 1750) mar­kiert angeb­lich einen Wen­de­punkt. Doch dem ist nicht so. War Bach in sei­ner Wei­ma­rer und Köthe­ner Zeit noch modern und an musik­ge­schicht­li­chen Ent­wick­lun­gen betei­ligt, so änder­te sich an sei­ner grund­le­gen­den Kom­po­si­ti­ons­wei­se in sei­ner spä­te­ren Leip­zi­ger Zeit (1723–1750) nicht mehr viel: Die Ent­wick­lung der Musik ging aber den­noch wei­ter. Auch wenn Bach aus heu­ti­ger Sicht in genau die­sen Jah­ren die Barock­mu­sik zur Voll­endung brach­te: Rein musik­his­to­risch betrach­tet war er nicht auf der Höhe der Zeit, denn schon ab 1720 began­nen vie­le Prin­zi­pi­en der Barock­mu­sik zu wanken.

     

    Die Musik des Spät­ba­rocks wur­de als zu aus­la­dend, kom­plex und prunk­voll ange­se­hen, wes­halb der Geschmack sich hin zu ein­fa­che­ren Kom­po­si­ti­ons­wei­sen ent­wi­ckel­te. So wich bei­spiels­wei­se der auf die Spit­ze getrie­be­ne poly­pho­ne Satz mehr und mehr der Homo­pho­nie. Die Melo­die gewann gegen­über dem Bass an ent­schei­den­der Bedeu­tung und die Glie­de­rung der Musik­stü­cke wur­de klein­tei­li­ger und ein­fa­cher nach­zu­voll­zie­hen. Der soge­nann­te "har­mo­ni­sche Rhyth­mus", also die Häu­fig­keit der Akkord­wech­sel, wur­de lang­sa­mer und dadurch durch­sich­ti­ger. Gene­rell beschränk­te man sich für sei­ne Kom­po­si­tio­nen auf sehr weni­ge Ton­ar­ten: Es wur­den fast nur sol­che ver­wen­det, die höchs­tens zwei Vor­zei­chen haben. Die wich­tigs­te musi­ka­li­sche Ent­wick­lung war aber wohl, dass der Gene­ral­bass immens an Bedeu­tung ver­lor und schnell über­haupt kei­ne Rol­le mehr spielte.

     

    Die "Wie­ner Klas­sik" hat sich als Epo­che in der Musik­ge­schich­te eta­bliert, wohl weil sie mit Haydn und Mozart zwei sehr ein­neh­men­de Ver­tre­ter hat. His­to­risch betrach­tet ist sie aber sowohl ein recht kur­zes (ca. 1782/82 – 1803) als auch geo­gra­phisch abge­grenz­tes (wie­ne­ri­sches) Phä­no­men. Wich­ti­ger sind in die­sem his­to­ri­schen Sin­ne die man­nig­fal­ti­gen Ent­wick­lun­gen, die zur "Wie­ner Klas­sik" führten.

  • Die Oper 

    Das 18. Jahr­hun­dert war geprägt vonm Sys­tem der ita­lie­ni­schen Hof­oper. Nahe­zu jedes Land (außer Frank­reich) war von ihr regel­recht beses­sen. Vor allem in Deutsch­land und Öster­reich hat­te sie eine enor­me Bedeu­tung. Das Spek­trum der Orga­ni­sa­ti­ons­for­men der Oper reich­te von der Hof­oper, die zur Unter­hal­tung und Poli­ti­sie­rung der Königs­hö­fe dien­te, hin zum öffent­li­chen Thea­ter, das gewinn­ori­en­tiert war.

     

    Gegen Mit­te des Jahr­hun­derts war die im letz­ten Kapi­tel (Die Barock­zeit) schon erwähn­te metasta­sia­ni­sche Oper (die "Ope­ra seria") der in ganz Euro­pa vor­herr­schen­de Opern­ty­pus. Sie ist geprägt von einem stän­di­gen Wech­sel zwi­schen Sec­co-Rezi­ta­tiv, Accom­pa­gna­to-Rezi­ta­tiv und Arie. Das Sec­co-Rezi­ta­tiv ent­wi­ckelt in natu­ra­lis­tisch kom­po­nier­ter Rede die Hand­lung wei­ter – das Accom­pa­gna­to-Rezi­ta­tiv steht meist vor einer Arie und ist Aus­druck einer star­ken Emp­fin­dung, in der dann die Arie musi­ka­lisch “badet”. Die Ari­en sind durch­weg in Da-Capo-Form (ABA) kom­po­niert: Der Ers­te Teil "A" schil­dert die Grund­stim­mung der sin­gen­den Per­son, der Teil "B" zeigt einen ande­ren Gedan­ken, ein dazu pas­sen­des, aber meist kon­tras­tie­ren­des Gefühl auf, was vom Grund­af­fekt aber wie­der über­trumpft wird von "A". Um zu ver­ste­hen, war­um es in der Wie­der­ho­lung des A‑Teils Mode war zu ver­zie­ren, kann man Fol­gen­des anfüh­ren: Ers­tens wäre es – im pracht- und schmuck­vol­len Zeit­geist gedacht – lang­wei­lig, exakt die glei­che Musik zwei­mal zu hören. Eine zwei­te Über­le­gung: Durch den Gedan­ken des B‑Teils kann die anschlie­ßen­de Wie­der­ho­lung des A‑Teils nicht genau­so gesun­gen wer­den wie der A‑Teil selbst. Ihm ist schließ­lich eine ande­re Über­le­gung (B) vor­aus­ge­gan­gen. Der euro­päi­sche Spit­zen­rei­ter die­ser metasta­sia­ni­schen Ope­ra seria war Johann Adolph Has­se (1699–1783). Er mach­te als Dresd­ner Hof­kom­po­nist die Stadt zum Zen­trum ita­lie­ni­scher Opernpflege.

     

    Gegen 1740 mach­ten sich neue Ent­wick­lun­gen inner­halb der Ope­ra seria bemerk­bar: Die Sec­co-Rezi­ta­ti­ve ver­lo­ren, die Accom­pa­gna­to-Rezi­ta­ti­ve gewan­nen an Bedeu­tung, immer mehr Ensem­bles und Chö­re kamen ins Spiel und die stren­ge Da-Capo-Form der Arie wur­de all­mäh­lich auf­ge­löst. Ein Kom­po­nist, der sich die­ser soge­nann­ten "zuneh­men­den Musi­ka­li­sie­rung" wid­me­te, war Johann Chris­ti­an Bach (1735–1782), einer der Söh­ne Johann Sebas­ti­ans. Er war prä­gend für die­se Über­gangs­zeit und hat­te einen nicht uner­heb­li­chen Ein­fluss auf Wolf­gang Ama­de­us Mozart (1756–1791).

     

     

    Je belieb­ter und erfolg­rei­cher die Ope­ra seria wur­de, des­to stär­ker wur­de sie jedoch auch kri­ti­siert. Sowohl die Kri­tik am Opern­be­trieb, wie auch an der hohen Bedeu­tung der Musik gegen­über dem Dra­ma und dem Inhalt führ­te zu eini­gen par­al­lel statt­fin­den­den Opern­re­for­men. Der bekann­tes­te Refor­ma­tor der Ope­ra seria war Chris­toph Wil­li­bald Gluck (1717–1787). Er war der Mei­nung, dass die Musik dem Dra­ma die­nen und sie des­halb ein­fa­cher, "wah­rer" und natür­li­cher sein soll­te. Wie­der herrsch­te das Ide­al der Anti­ken Tra­gö­die vor: Sowohl inhalt­lich (anti­ke Stof­fe wur­den ver­tont), als auch vom (ange­nom­me­nen) Auf­bau und Ablauf. Durch die­se Ver­än­de­run­gen und nicht zuletzt durch das Erset­zen der Da-Capo-Arie durch ein­fa­che­re For­men hat­te die "Reform­oper" Glucks for­mal nicht mehr viel mit der metasta­sia­ni­schen Oper gemein. Deut­lich wird dies bei­spiels­wei­se in einer Arie aus Glucks Reform­oper "Par­i­de ed Elena".

     

     

    Noch war er mit die­ser Arie nicht von der Da-Capo-Form abge­wi­chen, aber ver­ziert wer­den soll­te die Wie­der­ho­lung des A‑Teils nicht. Dazu ein Ori­gi­nal­zi­tat von Gluck: "Als ich es unter­nahm, die Oper Alces­te in Musik zu set­zen, war mei­ne Absicht, alle jene Miss­bräu­che, wel­che die falsch ange­brach­te Eitel­keit der Sän­ger, und die all­zu gros­se Gefäl­lig­keit der Kom­po­nis­ten in die ita­li­sche Oper ein­ge­führt hat­ten, sorg­fäl­tig zu ver­mei­den, Miss­bräu­che, die eines der schöns­ten und präch­tigs­ten Schau­spie­le zum lang­wei­ligs­ten und lächer­lichs­ten her­ab­ge­wür­digt haben. Ich such­te daher die Musik zu ihrer wah­ren Bestim­mung zurück­zu­füh­ren, das ist: die Dich­tung zu unter­stüt­zen, um den Aus­druck der Gefüh­le und das Inter­es­se der Situa­tio­nen zu ver­stär­ken, ohne die Hand­lung zu unter­bre­chen, oder durch unnüt­ze Ver­zie­run­gen zu entstellen."

     

    Mit einer wei­te­ren Dif­fe­ren­zie­rung der Ari­en­for­men, der Durch­mi­schung von Ele­men­ten der Ope­ra seria und der Ope­ra buf­fa, der wei­ter zuneh­men­den Musi­ka­li­sie­rung und der Abkehr von den Libret­ti Metasta­si­os ent­wi­ckel­te sich die Ope­ra seria wei­ter bis hin zu den Opern Mozarts (der aller­dings Metasta­sio treu blieb). Die wach­sen­de Bedeu­tung von Ensem­bles (nicht nur in der Ope­ra buf­fa) wird in den berühm­ten Fina­li von Mozart deutlich.

     

     

    Als direk­ter Gegen­satz zur Ope­ra seria ent­stand die "Ope­ra buf­fa" um 1750 in Vene­dig. Weit­ge­hend unab­hän­gig von Form­sche­ma­ta pass­te sich die Musik fle­xi­bel dem sich ändern­den Text an. Die Spra­che wur­de natu­ra­lis­ti­scher als in der Ope­ra seria, die Musik im wei­tes­ten Sin­ne "unkon­ven­tio­nel­ler". Da die Ope­ra buf­fa so abwechs­lungs­rei­cher und über­ra­schen­der daher­kam, war sie seit unge­fähr 1780 die herr­schen­de Opern­gat­tung und hat­te enor­men Ein­fluss auf die Ope­ra seria. Ihr Inhalt war komi­scher Art, zur Belus­ti­gung gedacht. In Wien beherrsch­ten Anto­nio Sali­e­ri (1750–1825) und Joseph Haydn (1732–1809) das Feld der Ope­ra buf­fa. Mozarts Wer­ke mit die­ser Gat­tungs­be­zeich­nung (vor allem die spä­te­ren Wer­ke) ste­hen aller­dings weit­ge­hend für sich und spren­gen die Gattungstradition.

     

    Da die ita­lie­ni­sche Oper so beliebt war, hat­te es eine eigen­stän­di­ge deut­sche Oper sehr schwer und konn­te sich nicht durch­set­zen. Zwei Gat­tun­gen der Büh­nen­mu­sik konn­ten sich aber dane­ben etablieren:

     

    • Das Melo­dram: Gespro­che­nes Wort, durch­mischt mit Instru­men­tal­mu­sik. Gesun­gen wird nicht. Der bedeu­ten­de Kom­po­nist die­ser Gat­tung ist Georg Benda.

     

     

     

    • Das Sing­spiel: Die­se Gat­tung ent­wi­ckelt sich par­al­lel in Deutsch­land und Wien, fußend auf unter­schied­li­chen Tra­di­tio­nen. Die Form ist aber weit­ge­hend gleich: Deut­scher, gespro­che­ner Text wird durch­setzt mit Musik­ein­la­gen unter­schied­lichs­ter Art. Es han­delt sich um Komö­di­en. Mozarts "Bas­tien und Bas­tien­ne" ist wohl das berühm­tes­te Sing­spiel. Aber auch "Die Zau­ber­flö­te" gehört zu die­ser Gattung.

     

  • Die Symphonie 

    Die Bezeich­nung "Sym­pho­nia" wird auf­grund ihrer uni­ver­sel­len Bedeu­tung (es heißt über­setzt: "Zusam­men­klin­gen") auf vie­le Gat­tun­gen des 16. und 17. Jahr­hun­derts ange­wen­det. Die Sym­pho­nie, wie wir sie heu­te als mehr­sät­zi­ges Stück für grö­ße­res Orches­ter ken­nen, ent­stammt der Tra­di­ti­on der ita­lie­ni­schen Opern­sin­fo­nie (also dem Vor­spiel zu einer Oper). Ihre Tem­po­fol­ge (schnell-lang­sam-schnell) ver­selbst­stän­dig­te und erwei­ter­te sich und wur­de so zur eigen­stän­di­gen Sym­pho­nie. Ales­san­dro Scar­lat­tis Oper "Tele­ma­co" (1718) beginnt mit einer typisch ita­lie­ni­schen Opernsinfonia.

     

     

    Obwohl in der kom­po­si­to­ri­schen Aus­füh­rung und Kom­bi­na­ti­on der Sät­ze inner­halb der Gat­tung sehr vie­le unter­schied­li­che Vari­an­ten auf­tra­ten, kann man doch einen Form­plan auf­stel­len, der für die Mehr­heit der Kom­po­si­tio­nen gilt: Der ers­te Satz ist der wich­tigs­te und sehr oft nach dem Prin­zip des Sona­ten­haupt­sat­zes auf­ge­baut – DEM wich­tigs­ten kom­po­si­to­ri­schen Prin­zip der Wie­ner Klas­sik  (Infor­ma­tio­nen zur Sona­ten­haupt­satz­form: lehrklaenge.de). Der zwei­te Satz ist meist lang­sam und hat ent­we­der eine ABA-Form, eine Ron­do­form, oder ist ein Varia­ti­ons­satz. Der drit­te Satz (der vier­sät­zi­gen Sym­pho­nie) ist in einem Drei­er­takt und in ABA-Form, der vier­te Satz ist meist ein Ron­do, spä­ter tau­chen an des­sen Stel­le Sona­ten­haupt­sät­ze auf.

     

    Von ent­schei­den­der Bedeu­tung für die Ent­wick­lung der Sym­pho­nie war, dass sich sowohl die Zusam­men­set­zung der Orches­ter als auch die Bedeu­tung der ver­schie­de­nen Instru­men­te änder­te. Die Blas­in­stru­men­te ent­wi­ckel­ten sich bau­lich zuneh­mend wei­ter und wur­den nicht nur als Solo­in­stru­men­te, son­dern auch als Blä­ser­grup­pe den Strei­chern eben­bür­tig. Die Bass­instru­men­te ver­lo­ren ihre blo­ße Con­ti­nuo-Funk­ti­on und wur­den selbst­stän­dig. Die Tas­ten­in­stru­men­te ver­schwan­den aus dem Orches­ter­bild, weil der Gene­ral­bass nun kei­ne Rol­le mehr spiel­te. Die Ein­rich­tung eines öffent­li­chen Kon­zert­le­bens (also Kon­zert­rei­hen und Abon­ne­ment­kon­zer­te) führ­te dazu, dass die Sym­pho­nie so beliebt und wich­tig wurde.

     

    Carl Phil­ipp Ema­nu­el Bach (1714–1788), auch der Ber­li­ner oder Ham­bur­ger Bach genannt, kom­po­nier­te den Nord­deut­schen Typus der drei­sät­zi­gen Sym­pho­nie. Nicht nur kann man sehr gut den Schnell-lang­sam-schnell-Auf­bau mit­ver­fol­gen, dar­über hin­aus kann man auch die Rück­ent­wick­lung des Gene­ral­bas­ses sehr gut beob­ach­ten: Er ist oft noch da, aber oft genug auch schon weggekürzt.

     

     

    Der gro­ße Meis­ter der wie­ne­ri­schen (vier­sät­zi­gen) Sym­pho­nie war Joseph Haydn (1732–1809). Er setz­te sich sein gan­zes Leben maß­geb­lich mit die­ser Gat­tung aus­ein­an­der. Vor allem die kon­se­quen­te the­ma­ti­sche Arbeit inner­halb eines Sat­zes, das Begrei­fen der Sym­pho­nie als Gan­zes und eine the­ma­ti­sche Ver­knüp­fung ein­zel­ner Sät­ze mit­ein­an­der zeich­ne­te sei­ne Arbeit aus. Sei­ne berühm­te "Abschieds­sym­pho­nie" soll­te man bis zum Schluss anhö­ren, damit sich ihr Name erschließt.

     

  • Das Solokonzert 

    Neben der Sym­pho­nie ent­wi­ckel­te sich das Solo­kon­zert zur wich­tigs­ten Gat­tung des öffent­li­chen Kon­zert­le­bens. Das Solo­kon­zert ist sehr lan­ge von den spät­ba­ro­cken Fest­le­gun­gen geprägt wor­den, die vor allem Anto­nio Vival­di vor­ge­nom­men hat­te. Dem­nach ist das Solo­kon­zert drei­sät­zig und in der Ritor­nell­form kom­po­niert (Tut­ti und Soli wech­seln sich stän­dig ab). Mit Mozart ver­schmolz die­ser baro­cke Kon­zert­ty­pus mit den Prin­zi­pi­en des Sona­ten­haupt­sat­zes und ergab damit die klas­si­sche Kon­zert­form. Neben der ver­än­der­ten Form vor allem des Kopf­sat­zes ist von Bedeu­tung, dass das Orches­ter aus sei­ner Begleit­funk­ti­on befreit und zum selbst­stän­di­gen Part­ner des Solis­ten wur­de. (Mehr zum for­ma­len Auf­bau des klas­si­schen Solo­kon­zerts: grin.com) Das berühm­te Kla­ri­net­ten­kon­zert von Mozart ist ein gutes Bei­spiel für die klas­si­sche Kon­zert­form. Dar­über hin­aus adel­te Mozart mit die­ser Kom­po­si­ti­on auch das damals rela­tiv neue Instru­ment, die Klarinette.

     

     

    Neben dem Solo­kon­zert gab es auch die soge­nann­te "Sym­pho­nie con­cer­tan­te", gewis­ser­ma­ßen ein Hybrid zwi­schen dem Solo­kon­zert und der Sym­pho­nie. For­mal ist sie ein Solo­kon­zert mit meh­re­ren Solis­ten. Mozarts Con­cer­to für Flö­te und Har­fe soll hier bei­spiel­ge­bend sein.

     

  • Das Streichquartett 

    Das 18. Jahr­hun­dert ist nicht nur die Zeit der immer wich­ti­ger und grö­ßer wer­den­den Orches­ter, son­dern auch der an Bedeu­tung zuneh­men­den Kam­mer­mu­sik, die immer mehr eigens für ein musi­ka­lisch gebil­de­tes Publi­kum kom­po­niert wird. Neben den Gat­tun­gen Streich­trio, Streich­quin­tett und ‑sex­tett, Kam­mer­mu­sik mit Blas­in­stru­men­ten und mit Kla­vier sticht vor allem das Streich­quar­tett her­aus, des­sen Begrün­dung und gleich­zei­tig Krö­nung von Joseph Haydn aus­geht. His­to­risch nimmt man für das Streich­quar­tett meh­re­re unter­schied­li­che Wur­zeln und Ent­wick­lungs­strän­ge an, die zu erklä­ren recht kom­pli­ziert wäre.

     

    Das Streich­quar­tett besteht aus vier Strei­chern: zwei Vio­li­nen, einer Vio­la und einem Vio­lon­cel­lo. Alle vier Stim­men sind indi­vi­du­ell und gleich­be­rech­tigt. Die Gat­tung besteht grund­sätz­lich aus vier Sät­zen, wobei zumin­dest der Kopf­satz wie­der im Sona­ten­haupt­satz gestal­tet ist. Sind in Wien Haydn und Mozart die bei­den Haupt­ak­teu­re die­ser Gat­tung, spielt in Ita­li­en Lui­gi Boc­che­ri­ni eine gro­ße Rol­le. Wenn man so will, ist die­ses Stück von Haydn das ers­te Wie­ner Streich­quar­tett der Musikgeschichte.

     

     

    Zum Ver­gleich ein ita­lie­ni­sches Streich­quar­tett von Lui­gi Boccherini.

     

  • Die Kirchenmusik 

    Die Kir­chen­mu­sik des 18. Jahr­hun­derts  ist, ob katho­lisch oder evan­ge­lisch, von der Auf­klä­rung geprägt. Sie ist eine Geis­tes­be­we­gung, die schon gegen Ende des 17. Jahr­hun­derts auf­tritt und sich inner­halb der nächs­ten Jahr­zehn­te als Hal­tung durch­setzt. Kurz gesagt geht sie davon aus, dass der Mensch ein Wesen mit Ver­stand ist und alles hin­ter­fra­gen soll­te, was mit dem Ver­stand nicht zu erklä­ren ist. Wie man sich den­ken kann, hat­ten es die Kir­chen in die­ser Zeit schwer und deren Unpo­pu­la­ri­tät betraf folg­lich auch die Kir­chen­mu­sik. Die Musik­pfle­ge ver­la­ger­te sich vor allem auf welt­li­che Instru­men­tal­mu­sik, die in welt­li­chen Räu­men wie Kon­zert­häu­ser, Thea­ter, Schlös­ser oder auch im Frei­en, gespielt wurde.

     

    Die evan­ge­li­sche Kir­chen­mu­sik mach­te nach Bach kei­ne nen­nens­wer­ten Ent­wick­lun­gen inner­halb des 18. Jahrhunderts.
    Auch die katho­li­sche Kir­chen­mu­sik bleibt von den Ent­wick­lun­gen nicht unan­ge­foch­ten, hat aber mit den Kom­po­nis­ten Joseph Haydn und Wolf­gang Ama­de­us Mozart zwei bedeu­ten­de Figu­ren auf ihrer Sei­te. Sie kom­po­nie­ren unter­schied­lichs­te Mes­sen, Haydn auch zwei Ora­to­ri­en (“Die Schöp­fung” und “Die Jah­res­zei­ten”). Die Far­big­keit und Grö­ße des Orches­ters und der Ein­satz von Gesangssolist*innen inner­halb eines Chor­sat­zes sind neue musi­ka­li­sche Ent­wick­lun­gen inner­halb der katho­li­schen Mess­ver­to­nun­gen von Haydn und Mozart. Eine der bekann­tes­ten Mes­sen Mozarts ist die Krö­nungs­mes­se. Zum ers­ten Mal dürf­te sie im Rah­men der Krö­nungs­fei­er­lich­kei­ten für Kai­ser Franz II. in Wien ver­wen­det wor­den sein.

     

  • Das Lied 

    Schon in der Barock­zeit gab es das soge­nann­te Gene­ral­bass­lied. Es war ein solis­tisch gesun­ge­nes Stück Vokal­mu­sik über einem Gene­ral­bass­fun­da­ment. Wei­ter ver­all­ge­mei­nern kann man die Form der bekann­ten Gene­ral­bass­lie­der nicht, denn sie dif­fe­rier­te stark und konn­te ent­we­der ein ein­fa­ches Stro­phen­lied oder eine klei­ne Arie sein.

     

     

    Für die Wei­ter­ent­wick­lung des Gene­ral­bass­lie­des hin zum Kla­vier­lied (das dann im 19. Jahr­hun­dert sei­ne Blü­te­zeit hat) ist vor allem die Los­lö­sung vom Gene­ral­bass wich­tig, die gegen 1750/60 gegen eine aus­ge­schrie­be­ne Kla­vier­be­glei­tung aus­ge­tauscht wird.

     

    Für die Ent­wick­lung des Lie­des im Deutsch­land des 18. Jahr­hun­derts wird die Stadt Ber­lin zu einem Mit­tel­punkt. Die soge­nann­te ers­te Ber­li­ner Schu­le (ca. 1750–70) ent­steht mit dem Ansin­nen, sowohl die Gesel­lig­keit inner­halb der bür­ger­li­chen Kul­tur mit neu­em Lied­gut zu unter­stüt­zen, als auch eine Ver­ein­fa­chung der Lie­der zu bewir­ken: Sie sol­len nicht mehr so ver­ziert und “geküns­telt” sein wie in der Barock­zeit. Das Stro­phen­lied wird zur Norm. Ein berühm­ter Ver­tre­ter die­ser Schu­le ist Carl Phil­ipp Emma­nu­el Bach.

     

     

    Die zwei­te Ber­li­ner Schu­le ab 1770 hin­ge­gen möch­te sich auf das ech­te Volks­lied rück­be­sin­nen und außer­dem zeit­ge­nös­si­sche Lyrik (z.B. von Goe­the) ver­to­nen. Die­se soll auch im Vor­der­grund ste­hen: Die Musik hat sich unter­zu­ord­nen und dem Text zu die­nen. Die wich­tigs­ten Ver­tre­ter die­ser Schu­le sind Schulz, Rei­chardt und Zelter.

     

     

    Weni­ger wäh­le­risch bei der Aus­wahl der Tex­te war man in Wien: Dort ent­wi­ckelt sich das Lied mit Ein­flüs­sen vor allem der Instru­men­tal­mu­sik wei­ter. Zwar haben auch das Sing­spiel und das Volks­lied ihren Ein­fluss auf die Gat­tung, aber die Musik bleibt instru­men­tal geprägt. Wie für alle in Wien wich­ti­gen Gat­tun­gen der Zeit, sind Mozart und Haydn auch hier von immenser Bedeu­tung. Zum Abschluss noch drei Lie­der von Haydn, von Mozart und von Janos Fusz, des­sen Name uns zwar heu­te nicht mehr so geläu­fig ist, aber der als einer der Haupt­kom­po­nis­ten der Gat­tung gilt.

     

Literaturverzeichnis & Quellen

  • Wör­ner, Karl Hein­rich: Geschich­te der Musik, Göt­tin­gen 1993, S.184–371
  • Sei­te "Chris­toph Wil­li­bald Gluck". In: Wiki­pe­dia, Die freie Enzy­klo­pä­die. Bear­bei­tungs­stand: 6. Juni 2020 um 14:39 Uhr. URL:  https://de.wikipedia.org/wiki/Christoph_Willibald_Gluck (Abge­ru­fen: 11. Juni 2020, 14:14 Uhr)
  • Fotos: Keo Oran, Adri­en Oli­chon, Mari­na Reich, Vic­tor Maly­us­hev, Pixabay
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