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Die Schola Cantorum wurde im Jahr 1963 als Kinder- und Jugendchor gegründet, arbeitet seit 1982 unter Trägerschaft der Stadt und ist heute die musikalische Heimat von etwa 300 Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, wichtiger lokaler Bildungsträger sowie klingende Botschafterin der Musikstadt Leipzig.

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Inhalt­li­che und for­ma­le Viel­falt sind es, auf die man in der zwei­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts trifft. Motor hier­für ist zum einen der immer stär­ker wer­den­de Natio­na­lis­mus. Zum ande­ren ent­spinnt sich ein Streit zwi­schen den so genann­ten “Neu­deut­schen” und den “Kon­ser­va­ti­ven” über Ansich­ten und phi­lo­so­phi­sche Ansät­ze in Bezug auf Musik und ihre Aufgaben.

Musikgeschichte(n) aus der Quarantäne

  • Zusammenfassung 

    Inhalt­li­che und for­ma­le Viel­falt sind es, auf die man in der zwei­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts trifft. Motor hier­für ist zum einen der immer stär­ker wer­den­de Natio­na­lis­mus. Zum ande­ren ent­spinnt sich ein Streit zwi­schen den so genann­ten “Neu­deut­schen” und den “Kon­ser­va­ti­ven” über Ansich­ten und phi­lo­so­phi­sche Ansät­ze in Bezug auf Musik und ihre Aufgaben.

  • Wer hat's gemacht? 

    Die­ser Arti­kel wur­de mit ♥ für Euch ver­fasst von Hen­ri­et­te. Hen­ri­et­te stu­dier­te Musik­wis­sen­schaf­ten in Wei­mar sowie klas­si­schen Gesang in Leip­zig und ist als frei­schaf­fen­de Sän­ge­rin tätig. Wäh­rend des Coro­na-Shut­downs unter­stützt sie die Scho­la Can­torum mit Bei­trä­gen zur Musik­ge­schich­te und beweist dabei: Wis­sen­schaft ist alles ande­re als graue Theorie!

  • Lesedauer 

    Lese­dau­er: 35 Minu­ten • Musik­bei­spie­le: 14 Stun­den, 16 Minu­ten und 25 Sekunden

9. Kapitel: Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts

  • Zeitenwende 

    Wie schon im Kapi­tel “Die ers­te Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts” ange­deu­tet, häu­fen sich rele­van­te Ereig­nis­se in der Jahr­hun­dert­mit­te. Die­se sor­gen dafür, dass man das Jahr­hun­dert nicht als Ein­heit begrei­fen kann. Am wich­tigs­ten ist in die­sem Zusam­men­hang die euro­päi­sche Revo­lu­ti­on, die Euro­pa durch Unru­hen und Umbruch ins Wan­ken bringt und somit das Leben jedes ein­zel­nen ver­än­dert. Da Musik ja immer auch Spie­gel­bild ihrer Zeit ist, spie­len natür­lich poli­ti­sche und gesell­schaft­li­che Umstän­de eine enor­me Rol­le. Wer sich mit der euro­päi­schen Revo­lu­ti­on umfas­sen­der beschäf­ti­gen möch­te, sei auf die Sei­te diercke.westermann.de hingewiesen.

     

    Durch die Revo­lu­ti­on ent­steht in vie­len Berei­chen Euro­pas erst­mals so etwas wie Natio­nal­stolz, der extre­me Ein­flüs­se auf die Kom­po­nis­ten und damit auf die Musik­pro­duk­ti­on hat. Volks­me­lo­dien und spe­zi­fi­sche Har­mo­nik flie­ßen dadurch in die Musik ein. Die Musik wird in eini­gen Län­dern (vor allem Ost­eu­ro­pa) rich­tig­ge­hend zum eige­nen natio­na­len Iden­ti­täts­stif­ter. In Frank­reich wird im Jahr 1871 bei­spiels­wei­se Die “Socié­té Natio­na­le de Musi­que” gegrün­det, die ganz bewusst Wer­ke fran­zö­si­scher Kom­po­nis­ten finan­zi­ell för­dert und somit die Pro­duk­ti­on spe­zi­ell fran­zö­si­scher Musik anhei­zen will. Nicht zuletzt darf auch der Tod drei­er für die ers­te Jahr­hun­dert­hälf­te so bedeu­ten­der Kom­po­nis­ten (Men­dels­sohn, Cho­pin, Schu­mann) als Zäsur nicht unter­schätzt werden.

  • Die Oper 

    Die ita­lie­ni­sche Oper in der zwei­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts ist von einem Kom­po­nis­ten ent­schei­dend geprägt: Giu­sep­pe Ver­di. Er schafft es mit sei­nen Wer­ken, die Oper in den Rang eines monu­men­ta­len Ein­zel­wer­kes zu erhe­ben. Ohne mit den Wer­ken sei­ner Vor­gän­ger zu bre­chen, ent­wi­ckelt er eine neue Opern­kon­zep­ti­on, die sich auch inner­halb sei­nes eige­nen Schaf­fens immer wei­ter ent­wi­ckelt. So ist in sei­nen spä­te­ren Wer­ken die Tren­nung von Rezi­ta­tiv, Arie und Ario­so auf­ge­ho­ben, alles ist eine musi­ka­li­sche Ein­heit. Der Inhalt des Tex­tes kann dadurch extrem fle­xi­bel und rea­li­täts­nah abge­bil­det wer­den. Die Inhal­te rei­chen von poli­ti­schen The­men (“Nabuc­co”) über Ver­to­nun­gen gro­ßer Dra­men (“Mac­beth”) bis hin zur Aus­ein­an­der­set­zung mit den Schick­sa­len aus­ge­grenz­ter Men­schen (“Rigo­let­to” oder “La tra­via­ta”). (Wer sich inten­si­ver mit Ver­dis Opern aus­ein­an­der­set­zen möch­te, wird auf planet-wissen.de ganz sicher fün­dig.) Um die neue Kon­zep­ti­on Ver­dis zu ver­ste­hen, emp­fiehlt es sich, ein kom­plet­tes Werk anzu­hö­ren, bei­spiels­wei­se "La traviata".

     

    

     

    Ab unge­fähr 1890 ent­wi­ckelt sich eine Stil­rich­tung, die “Veris­mo” genannt wird. Ihre Stof­fe sind wirk­lich­keits­nah, aller­dings (im Gegen­satz zur Strö­mung des Natu­ra­lis­mus) nicht auf die aktu­el­le Gegen­wart bezo­gen. Die ers­ten in die­sem Zusam­men­hang ent­stan­de­nen Wer­ke sind Pie­tro Mas­ca­g­nis “Caval­le­ria Rusti­ca­na” und Rug­gie­ro Leon­ca­vallos “Pagli­ac­ci”. Spä­ter brach­te Gia­co­mo Puc­ci­ni die­se Stil­rich­tung der ita­lie­ni­schen Oper zum Höhepunkt.

     

    Im Frank­reich der zwei­ten Jahr­hun­dert­hälf­te wird zunächst die eta­blier­te “Opé­ra comi­que” wei­ter gepflegt. Ganz gefeit vor äuße­ren Ein­flüs­sen ist sie jedoch nicht: Einer­seits leis­ten Kom­po­nis­ten ande­rer Län­der ihren Bei­trag (so zum Bei­spiel Fried­rich von Flo­tow und Gia­co­mo Mey­er­beer), ande­rer­seits erhält das Gedan­ken­gut des Rea­lis­mus’ Ein­gang in die Stof­fe. Das berühm­tes­te Bei­spiel hier­für ist die Oper “Car­men” von Geor­ge Bizet, die for­mal ganz im Zei­chen der “Opé­ra comi­que” steht (gespro­che­ne Dia­lo­ge, klar abge­grenz­te Musik­num­mern) aber inhalt­lich eben “rea­lis­tisch” ist.

    

    Einen sehr wich­ti­gen Bei­trag zur Opern­ge­schich­te leis­tet Frank­reich mit der Her­vor­brin­gung zwei­er neu­er Gattungen:

     

    Opé­ra buf­fe: Sie ist die fran­zö­si­sche Ope­ret­te und behan­delt daher komi­sche, sati­ri­sche und gesell­schafts­kri­ti­sche The­men. Die ers­ten Wer­ke die­ser Gat­tung sind die soge­nann­ten “Musi­quet­ten” von Flo­ri­mond Ron­ger, genannt “Her­vé”.

     

    

     

    Der eigent­li­che Star der Opé­ra buf­fe ist aller­dings Jaques Offen­bach. In sei­nen über 100 Wer­ken per­si­fliert er die Gesell­schaft und deren nega­ti­ven Aus­wüch­se (Heu­che­lei, Macht­be­stre­ben etc.). Auch die Göt­ter­welt ist vor ihm nicht sicher (“La bel­le Hélè­ne”). Auf musi­ka­li­scher Ebe­ne setzt er alle vor­han­de­nen For­men ein, um den Text durch Iro­ni­sie­rung, Über­trei­bung und Mischung so gut wie mög­lich zu inter­pre­tie­ren. Soge­nann­te “Cou­plets” sind im Tanz­rhyth­mus kom­po­nier­te Ensem­bles, die durch beschwing­te Tanz­rhyth­men dem Abbau der auf­ge­stau­ten humo­ris­ti­schen Span­nung dienen.

     

    

     

    Dra­me lyri­que: Die­ser neue Opern­typ ver­eint Ele­men­te der Grand opé­ra und der Opé­ra comi­que zu einer gefühls­be­ton­ten Form, die die fran­zö­si­sche Vari­an­te des Wagner’schen Musik­dra­mas dar­stellt (dazu spä­ter). Die fast aus­schließ­lich tra­gi­schen Stof­fe sind vor allem Adap­tio­nen bekann­ter und belieb­ter lite­ra­ri­scher Wer­ke berühm­ter und/oder zeit­ge­nös­si­scher Schrift­stel­ler. Im musi­ka­li­schen Auf­bau die­ser Gat­tung bleibt die Glie­de­rung in Num­mern erkenn­bar, aller­dings löst sich der aus der Opé­ra comi­que über­nom­me­ne gespro­che­ne Dia­log bald in das “melo­di­sche Rezi­ta­tiv” auf. Wie (haupt­säch­lich) in Frank­reich üblich, spie­len auch hier Bal­lett- und Ensem­ble­sze­nen eine gro­ße Rol­le. Die Melo­dik die­ser Gat­tung ist unpa­the­tisch, klar und durch­sich­tig sowie ab und an sen­ti­men­tal. Zudem sind die Gesangs­li­ni­en sehr nahe am Text und ver­we­ben sich mit der Orches­ter­be­glei­tung. Die wich­tigs­ten Ver­tre­ter der Gat­tung sind Ambroi­se Tho­mas, Jules Mas­se­net und Charles Gounod.

     

    

     

    In Deutsch­land ist es Richard Wag­ner, der in der zwei­ten Jahr­hun­dert­hälf­te als DER Opern­kom­po­nist bezeich­net wird. Auch er erhebt den größ­ten Kunst­an­spruch an die Gat­tung Oper und schafft so höchst ein­zig­ar­ti­ge Wer­ke, die vor­erst noch vor­ge­ge­be­nen Struk­tu­ren ver­haf­tet sind, spä­ter aber regel­recht “Reform­opern” wer­den. Sei­ne frü­hes­ten Opern “Die Feen”, “Das Lie­bes­ver­bot” und “Rien­zi” sind über­wie­gend von der ita­lie­ni­schen und fran­zö­si­schen Oper beein­flusst. Die spä­te­ren Wer­ke “Der flie­gen­de Hol­län­der”, “Tann­häu­ser” und “Lohen­grin” gehö­ren dem Typus der deut­schen roman­ti­schen Oper an. Wag­ner mach­te sich auch grund­sätz­li­che theo­re­ti­sche Gedan­ken zur Gat­tung Oper und setz­te sei­ne Erkennt­nis­se auch um. Von ent­schei­den­der Bedeu­tung ist die Idee des “Gesamt­kunst­wer­kes”, bei wel­chem alle Kunst­for­men (Musik, Spra­che, Bild, Kör­per­lich­keit) inein­an­der­grei­fen sol­len, um ein idea­les Kunst­werk zu schaf­fen. Fol­gen­de musi­ka­li­sche Mit­tel setzt Wag­ner ein um sei­nen Ide­al­ty­pus der Oper zu erschaffen:

     

    1. Ein neu­er Stil des Sin­gens: Die Wort­ak­zen­te sind von enor­mer Bedeu­tung, der Gesang ist dekla­ma­to­risch und damit sehr nah an der Spra­che. Die Text­ver­ständ­lich­keit steht abso­lut im Mit­tel­punkt. Aus die­sem Grund gibt es spä­ter auch fast kei­ne Ensem­bles mehr.

     

    

     

    2. Das Orches­ter wird “dra­ma­ti­siert”, ist also nicht mehr nur Beglei­tung, son­dern trägt auch zum inhalt­li­chen Ver­ständ­nis bei. Erreicht wird das durch die soge­nann­te “Leit­mo­tiv­tech­nik”, die einer Per­son, einem inhalt­li­chen Zusam­men­hang oder einem Sym­bol ein gewis­ses musi­ka­li­sches Motiv zuord­net und immer wie­der­holt, wenn es inhalt­lich im Fokus steht. Dadurch ent­steht inhalt­li­cher und musi­ka­li­scher Zusam­men­hang. Die­se Tech­nik treibt Wag­ner in sei­nem “Ring des Nibe­lun­gen” auf die Spitze.

     

    

     

    3. Die eta­blier­ten musi­ka­li­schen For­men spie­len bei Wag­ner sel­ten eine Rol­le. Viel­mehr sind die Opern durch­kom­po­niert und fol­gen der dich­te­ri­schen Anla­ge der Sze­nen. (Übri­gens schrieb Wag­ner, ganz im Sin­ne des Gesamt­kunst­wer­kes, alle sei­ne Tex­te selbst!) Neben Wag­ner kön­nen sich in Deutsch­land zeit­gleich die Mär­chen­opern Engel­bert Hum­per­dincks behaup­ten (“Die Königs­kin­der” und “Hän­sel und Gretel”).

  • Die Kirchenmusik 

    Die deut­sche katho­li­sche Kir­chen­mu­sik erlangt eine Blü­te mit den Wer­ken Robert Schu­manns, Franz Liszts, Antonín Dvořáks und Anton Bruck­ners. Ihnen allen ist eine Hin­wen­dung zur sym­pho­ni­schen, groß ange­leg­ten Form gemein. Oft­mals wer­den Kom­po­si­ti­ons­prin­zi­pi­en der “alten” Kir­chen­mu­sik (wie z.B. Gre­go­ria­nik oder Mehr­chö­rig­keit) mit den musi­ka­li­schen Mit­teln der neu­en Musik (z.B. Män­ner­chor­ge­sang oder gro­ße Sym­pho­nik) ver­bun­den. Das "Te Deum" von Anton Bruck­ner ver­deut­licht die­se Verknüpfung.

     

     

    Auf die­se Art von Dra­ma­tik ver­zich­tet die fran­zö­si­sche katho­li­sche Kir­chen­mu­sik der zwei­ten Jahr­hun­dert­hälf­te wei­test­ge­hend. Sie ent­wi­ckelt sich hin zu klas­si­zis­ti­schen For­men und stellt his­to­ri­sie­ren­de Sti­le in den Vordergrund.

     

     

    Die ita­lie­ni­sche katho­li­sche Kir­chen­mu­sik wird von den Wer­ken Ros­si­nis (z.B. die “Peti­te Mes­se Solen­nel­le”) und Ver­dis (“Mes­sa da Requi­em”) maß­geb­lich geprägt, die ihre Wur­zeln ganz offen­sicht­lich in der ita­lie­ni­schen Oper haben. Den Höhe­punkt der evan­ge­li­schen Kir­chen­mu­sik bil­den zwar die Wer­ke von Johan­nes Brahms, jedoch spielt auch Arnold Men­dels­sohn eine Rol­le. Dass es so weni­ge evan­ge­li­sche Kom­po­si­tio­nen in die­ser Zeit gibt, hat mög­li­cher­wei­se auch damit zu tun, dass die Wer­ke älte­rer Kom­po­nis­ten (Schütz, Bach) wie­der ent­deckt wor­den waren und ihren Sie­ges­zug antraten.

     

     

    Einen neu­en Auf­schwung erfährt in der zwei­ten Hälf­te des Jahr­hun­derts die Gat­tung Ora­to­ri­um. In Deutsch­land sind hier vor allem die Ora­to­ri­en Liszts zu nen­nen, die ganz im Zei­chen des fran­zö­si­schen Katho­li­zis­mus’ ste­hen. Aber auch das welt­li­che Ora­to­ri­um blüht auf, maß­ge­bend in den Wer­ken von Robert Schu­mann (“Das Para­dies und die Peri” und “Sze­nen aus Goe­thes Faust”). Aber auch Max Bruch und Niels W. Gade leis­ten ihren Bei­trag zur Gattung.

     

    In Frank­reich hin­ge­gen bleibt man beim kirch­lich-katho­li­schen Ursprung des Ora­to­ri­ums, för­dert die Gat­tung aber bei­spiels­wei­se durch die Aus­schrei­bung von Kom­po­si­ti­ons­wett­be­wer­ben. Kom­po­nis­ten wie Charles Goun­od, Jules Mas­se­net und Camil­le Saint-Saëns leis­ten auf die­sem Gebiet viel.

     

    Nach­dem in Eng­land das Musik­le­ben stark vom Kon­ti­nent geprägt ist, beginnt am Ende des 19. Jahr­hun­derts nun eine “Renais­sance der eng­li­schen Musik”, in deren Zuge eng­li­sche Ora­to­ri­en ent­ste­hen. Neben Charles Vil­liers Stan­ford ist vor allem Edward Elgar bedeutend.

     

  • Das Lied 

    Das Kunst­lied im deut­schen Sprach­raum wird in der zwei­ten Jahr­hun­dert­hälf­te geprägt von den Wer­ken Robert Franz’, Johan­nes Brahms’ und Franz Liszts. Bei Franz und Brahms spielt der Ver­weis und die Bear­bei­tung von Volks­lie­dern eine gro­ße Rol­le. Die Lie­der von Brahms sind durch sang­li­che Lini­en und eine wei­test­ge­hend stro­phi­sche Anla­ge cha­rak­te­ri­siert. Inner­halb die­ser für die Zeit eher star­ren For­men fin­det eine inten­si­ve musi­ka­li­sche Durch­ar­bei­tung der The­men statt. Bei man­chen Lie­dern von Brahms ist der Kla­vier­part so auto­nom, dass man fast ver­sucht ist zu glau­ben, die Gesangs­stim­me weg­ge­las­sen zu kön­nen. Auch Brahms' Lied­schaf­fen ist weder nach sei­ner Quan­ti­tät (350 Lie­der!) noch nach sei­ner Qua­li­tät zu unterschätzen.

     

     

     

    In der zwei­ten Jahr­hun­dert­hälf­te gewinnt die “Neu­deut­sche Schu­le” an Ein­fluss. Dies ist eine Grup­pe von Kom­po­nis­ten, die sich gewis­sen ästhe­ti­schen Prin­zi­pi­en ver­schrie­ben haben. Unter ande­rem ist das Ver­hält­nis von Musik und Spra­che von immenser Bedeu­tung, wes­we­gen auch ein neu­er Lied­ty­pus ent­steht. In die­sem Zusam­men­hang sei­en die Lie­der von Richard Wag­ner, Peter Cor­ne­li­us, Hugo Wolf sowie Franz Liszt genannt.

     

    In Frank­reich ist die Blü­te­zeit der "Mélo­dies" ange­bro­chen: Charles Goun­od hat mit Wer­ken die­ser Gat­tung enor­men Ein­fluss auf César Franck, Camil­le Saint-Saëns, Geor­ges Bizet und Jules Mas­se­net. Den Höhe­punkt bil­den jedoch die Wer­ke von Hen­ri Dup­arc und Gabri­el Fau­ré. Auch Russ­land ent­wi­ckelt in der zwei­ten Jahr­hun­dert­hälf­te eine eigen­stän­di­ge und weit­rei­chen­de Lied­kul­tur. Deren Ver­tre­ter sind vor allem Tschai­kow­ski und Mussorgski.

     

     

    Was das Chor­lied betrifft, so domi­nie­ren wei­ter­hin Kom­po­si­tio­nen für Män­ner­chö­re. Wer­ke für gemisch­ten Chor und Frau­en­chor ent­ste­hen auch, sind aller­dings weit­aus nicht so popu­lär. So kom­po­nier­te bei­spiels­wei­se der Öster­rei­cher Hein­rich von Her­zo­gen­berg meh­re­re Chor­lie­der, dar­un­ter auch eini­ge für gemisch­ten Chor.

     

  • Die Symphonie 

    Die Idee der pro­gramm­lo­sen Sym­pho­nie gerät ab der Jahr­hun­dert­mit­te (und geprägt durch den Tod Schu­manns und Men­dels­sohns) in eine exis­ten­zi­el­le Kri­se. Wäh­rend ihre Kom­po­si­ti­ons­prin­zi­pi­en auf ande­re Gat­tun­gen über­grei­fen, wer­den inner­halb von 20 Jah­ren kei­ne wirk­lich her­aus­ra­gen­den Sym­pho­nien mehr geschrie­ben. Ein Pro­gramm über ein Werk zu stel­len und somit (wie in “Sym­pho­nie fan­tas­tique” von Héc­tor Ber­li­oz) einen Leit­fa­den zu haben, setzt sich all­mäh­lich durch und führt zur Ent­ste­hung der sym­pho­ni­schen Dich­tung. Obwohl sie “nur” rei­ne Instru­men­tal­mu­sik ist, soll sie sich mit der Lite­ra­tur ver­bin­den und ihr somit gleich­ran­gig wer­den. Der Name der Gat­tung ver­deut­licht ihren Anspruch: Sie soll eine sym­pho­ni­sche Gat­tung und gleich­zei­tig der Dich­tung nicht nur eben­bür­tig, son­dern selbst Dich­tung sein. Hier­bei geht es weni­ger dar­um, den Text eins zu eins in Musik zu über­tra­gen, son­dern viel­mehr den Ablauf von See­len­zu­stän­den abzu­bil­den. For­mal ist die Gat­tung ein ein­sät­zi­ges Werk, das aller­dings alle Form­prin­zi­pi­en der “gro­ßen” Sym­pho­nie ver­klei­nert beinhal­tet (die soge­nann­te “Mehr­sät­zig­keit in der Ein­sät­zig­keit). Es war Franz Liszt, der die­se Gat­tung regel­recht erfun­den hat. Sie wur­de rasch popu­lär und galt jah­re­lang als DIE sym­pho­ni­sche Gat­tung. Nach Liszt ver­die­nen Hugo Wolf und vor allem Richard Strauss Lor­bee­ren auf die­sem Gebiet.

     

     

    Die sym­pho­ni­sche Dich­tung gilt übri­gens als das Spiel­feld der schon genann­ten “Neu­deut­schen”, die die “klas­si­sche” Sym­pho­nie als ver­al­tet anse­hen und der Mei­nung waren, jede Musik müs­se ein “dra­ma­tisch-dich­te­ri­sches Motiv” haben. Den “Neu­deut­schen” gegen­über befin­den sich die “Kon­ser­va­ti­ven”, die mei­nen, dass Musik auch in sich selbst begrün­det sein kann und kei­nen Inhalt braucht. Allen vor­an steht hier Johan­nes Brahms, der mit sei­ner ers­ten Sym­pho­nie die Kri­se der pro­gramm­lo­sen Sym­pho­nie been­det. Es dau­ert vier­zehn Jah­re, ehe man die Sym­pho­nie 1876 zum ers­ten Mal auf­führt: schon das ver­deut­licht das Aus­maß der Pro­ble­ma­tik, der sich die “Kon­ser­va­ti­ven” aus­ge­setzt sahen. Da Brahms kei­nen Inhalt benutzt, um sei­nen Sym­pho­nien Struk­tur zu geben, bedient er sich eines musi­ka­li­schen The­mas, das vari­iert, ver­grö­ßert, ver­klei­nert und in ver­schie­de­nen for­ma­len Funk­tio­nen immer wiederkehrt.

     

     

    Bedeu­ten­de Sym­pho­nien schrie­ben zudem Tschai­kow­ski und Boro­din (die bei­de eine star­ke Affi­ni­tät zur Pro­gramm­mu­sik hat­ten), Antonín Dvořák (der musi­ka­lisch durch die Freund­schaft zu Brahms beein­flusst wur­de) und Anton Bruck­ner (der regel­recht als Geg­ner der Brahms’schen Musik galt).

     

  • Das Konzert 

    Das Ein­drin­gen sym­pho­ni­scher Prin­zi­pi­en in ande­re Gat­tun­gen macht in der zwei­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts auch vor dem Solo­kon­zert nicht Halt: Es ent­steht das “sym­pho­ni­sche Kla­vier­kon­zert” zunächst mit Wer­ken von Hen­ry Litolff.

     

     

    Davon beein­flusst schreibt Franz Liszt (der als Pia­nist ein “Super­star” sei­ner Zeit war) Kla­vier­kon­zer­te, die im Grun­de genom­men Sym­pho­ni­sche Dich­tun­gen mit Solis­ten, also von der “Neu­deut­schen” Idee der Pro­gram­ma­tik geprägt sind.

     

     

    Als Gegen­pol die­ser Kon­zert­idee steht wie­der Johan­nes Brahms, der mit sei­nen Kla­vier­kon­zer­ten die rein sym­pho­ni­sche (nicht pro­gram­ma­tisch inspi­rier­te) Gat­tung auf den Höhe­punkt bringt. Die Gren­ze zwi­schen Solist und Orches­ter-Tut­ti ver­schwimmt immer mehr.

     

     

    Wei­te­re Kla­vier­kon­zer­te schrei­ben Anton Rubin­stein, Antonín Dvořák, Pjotr Tschai­kow­ski, Camil­le Saint-Saëns und vie­le ande­re. Dabei kön­nen nicht alle Wer­ke den Kate­go­rien “Neu­deutsch” oder “Konservativ”zugeordnet wer­den. Viel­mehr han­delt es sich meist um indi­vi­du­el­le, eigen­stän­di­ge Wer­ke. Im Bereich der bril­lan­ten Vir­tuo­sen­kon­zer­te, in denen es vor allem um die mög­lichst vir­tuo­se Tech­nik des Solis­ten geht, wer­den vor allem Wer­ke für Vio­li­ne und Vio­lon­cel­lo geschrie­ben. Der wich­tigs­te Ver­tre­ter ist hier zwei­fel­los Nic­co­lo Paganini.

     

     

    Die Geschich­te des sym­pho­ni­schen Vio­lin­kon­zerts beginnt mit den Wer­ken Beet­ho­vens. Er schafft es, einen Aus­gleich zwi­schen dem vir­tuo­sen Spiel und der sym­pho­ni­schen Anla­ge zu schaf­fen. Die Ent­wick­lung nimmt ihren Lauf mit dem Kon­zert in e‑Moll von Felix Men­dels­sohn Bartholdy.

     

     

    Bemer­kens­wert der Vio­li­nist Joseph Joa­chim: Er ist an der Ent­ste­hung bei­na­he jedes Vio­lin­kon­zerts der zwei­ten Jahr­hun­dert­hälf­te betei­ligt. Oft ist er bera­tend tätig, aber auch Wid­mungs­trä­ger und Solist der Urauf­füh­rung. Die Wer­ke von Robert Schu­mann, Johan­nes Brahms und Anto­nin Dvořák sind unter sei­nem Ein­fluss ent­stan­den. Das Vio­lin­kon­zert D‑Dur von Johan­nes Brahms stellt unter­des den Gip­fel­punkt des sym­pho­ni­schen Vio­lin­kon­zer­tes dar.

     

     

    Für das Cel­lo gibt es ein Haupt­werk der sym­pho­ni­schen Kon­zert­li­te­ra­tur: das Kon­zert von Antonín Dvořák.

     

     

    Kon­zer­te für Blas­in­stru­men­te spie­len so gut wie kei­ne Rol­le. Eben­so wer­den Kon­zer­te für meh­re­re Instru­men­te eher stief­müt­ter­lich behan­delt: im Zeit­al­ter des Vir­tuo­sen­tums scheint die­ser kom­po­si­to­ri­sche Ansatz schwer umsetzbar.

  • Die Kammermusik 

    In der Mit­te des 19. Jahr­hun­derts gilt die Kam­mer­mu­sik vor­erst als voll­endet und auch kon­ser­va­tiv und ver­al­tet. Erst Johan­nes Brahms gelingt es im letz­ten Drit­tel des Jahr­hun­derts, die Gat­tung neu zu begrün­den. Obwohl er for­mal bei eta­blier­ten musi­ka­li­schen Mit­teln bleibt, hebt er durch sei­nen eige­nen Stil die Gat­tung auf ein neu­es Niveau. Er bevor­zugt Kla­vier­kam­mer­mu­sik, schreibt aber auch Streich­quar­tet­te, Sona­ten für ver­schie­de­ne Melo­die­in­stru­men­te und unter ande­rem ein Klarinettenquintett.

     

     

     

    Wesent­lich belieb­ter ist die Kam­mer­mu­sik in den Län­dern, die im Zuge des Natio­na­lis­mus’ erst ab der Jahr­hun­dert­mit­te anfan­gen, eine nen­nens­wer­te eige­ne Musik zu eta­blie­ren. Dazu gehö­ren alle Län­der Ost­eu­ro­pas und Russ­land. So gibt es vie­le Wer­ke der Gat­tung von Alex­an­der Boro­din, Anton Rubin­stein, Antonín Dvořák, Bedřich Sme­ta­na und Pjotr Tschai­kow­ski. In den skan­di­na­vi­schen Län­dern spie­len vor allem Niels W. Gade und Edvard Grieg eine ent­schei­den­de Rolle.

     

    Fest­zu­stel­len ist, dass sich vor allem die Kam­mer­mu­sik in nahe­zu jedem Land an den deut­schen Kom­po­si­tio­nen der Gat­tung ori­en­tie­ren. Das Schaf­fen der deut­schen Kom­po­nis­ten der ers­ten Jahr­hun­dert­hälf­te wur­de als maß­geb­lich betrachtet.

  • Die solistische Klaviermusik 

    Auch in solis­ti­schen Kam­mer­mu­sik tref­fen wir auf die bei­den Anti­po­den Liszt und Brahms. Wäh­rend Liszt als DER Kla­vier-Super­star sei­ner Zeit vor allem auf Vir­tuo­si­tät und Inspi­ra­ti­on durch Land­schaf­ten, Dich­tung und ande­re Kunst­rich­tun­gen setzt, ver­sucht Brahms, sei­nen musi­ka­li­schen Stil in die eta­blier­ten For­men zu gie­ßen. Doch auch in ande­ren euro­päi­schen Län­dern wird ein eige­ner Natio­na­ler Stil geprägt. Edvard Griegs “Lyri­sche Stü­cke” zwei­gen die Inspi­ra­ti­on durch nor­we­gi­sche Volks­wei­sen. Bei Mus­sorgskis Scher­zo hin­ge­gen kann man sicher auch etwas “Rus­si­sches” heraushören.

     

     

     

  • Die Orgelmusik 

    In Deutsch­land sind es wie­der Liszt und Brahms, die die Orgel­mu­sik prä­gen. Jedoch scheint es in die­ser Gat­tung nicht die enor­men musi­ka­li­schen Unstim­mig­kei­ten zwi­schen den bei­den zu geben wie auf ande­ren Spiel­fel­dern. Bei­de haben his­to­ri­sie­ren­de Ansät­ze, sie beschäf­ti­gen sich also mit der alten, vor allem baro­cken Musik und las­sen die­se in ihre eige­nen Kom­po­si­tio­nen einfließen.

     

     

    Eine neue Blü­te erlebt die Orgel­mu­sik im fran­ko­pho­nen Bereich. Weg­wei­send sind hier Camil­le Saint-Saëns und César Franck. Eine neue Gat­tung ent­steht für die­je­ni­gen Kon­zert­häu­ser, die über gro­ße Orgeln verfügen.

     

Literaturverzeichnis & Quellen

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