Eine Lesebrille Liegt Auf Einer Aufgeschlagenen Zeitung
In der Nicolaikirche Döbeln zeigt der Mädchen- und Frauenchor aus Leipzig keine Schwächen. Doch was einfach wirkt, ist viel Arbeit.

Letzter Feinschliff vor dem Konzert

VON MARCUS MÖLLER
erschie­nen in der Säch­si­schen Zei­tung am 6. Febru­ar 2017

Wild mit den Hän­den fuch­teln, Anwei­sun­gen geben, moti­vie­ren, auf­we­cken, opti­mie­ren: Beob­ach­tet man Chor­lei­ter Mar­cus Fried­rich von der Scho­la Can­torum Leip­zig bei der Arbeit, steht schnell die Fra­ge im Raum, die auch bei Fuß­ball­trai­ner Pep Guar­dio­la gern gestellt wird: Ver­ste­hen die Ande­ren über­haupt, was er von ihnen will? Beob­ach­tet man Mar­cus Fried­rich und sei­nen Chor bei der Pro­be etwas län­ger, so wird schnell klar: Sie sind ein ein­ge­spiel­tes Team.

Die 15-jäh­ri­ge Sarah Hof­f­rog­ge steht eine hal­be Stun­de vor den ande­ren an der Nico­lai­kir­che in Döbeln, da sie mit ihrer Mut­ter im Auto ange­reist ist. Und dann ist der Bus mit den ande­ren da. 50 Frau­en und Mäd­chen ist der Chor heu­te groß. "Eigent­lich sind wir 80, aber auch in Leip­zig wur­den wir nicht von der Grip­pe­wel­le ver­schont", sagt Mar­cus Fried­rich. Der 35-Jäh­ri­ge war schon mit ver­schie­de­nen Chö­ren zu Gast in Döbeln – mit dem Mäd­chen- und Frau­en­chor ist er zum ers­ten Mal da. "Die Kir­che ist eine gute Spiel­stät­te und sie ist gut beheizt."

Gut 15 Auf­trit­te haben die zwi­schen 13 und 35 Jah­re alten Sän­ge­rin­nen im Jahr. Die Übungs­in­ten­si­tät ist anspruchs­voll: Zwei­mal pro Woche wird geprobt, hin­zu kommt ein­mal pro Woche Stimm­bil­dungs­trai­ning. Alle Chor­mit­glie­der haben eine gewis­se musi­ka­li­sche Vor­bil­dung und vie­le von ihnen träu­men von einer musi­ka­li­schen Lauf­bahn. "Es ist aber nicht so, dass wir als Aus­bil­dungs­stät­te für die Musik­hoch­schu­len fun­gie­ren, auch wenn eini­ge den Sprung schaf­fen", sagt Mar­cus Fried­rich. Es sei eben ein schwie­ri­ges Berufs­feld. Doch auch das hält die Sän­ge­rin­nen nicht von ihrer Lei­den­schaft ab. Eben­so wenig die gut drei­stün­di­ge Pro­ben- und Vor­be­rei­tungs­pro­ze­dur vor dem Kon­zert. Sie ist so etwas wie der letz­te Fein­schliff. Und so beginnt es wie­der: Das Lip­pen­flat­tern, das Auf­wär­men der Stim­me, die Ton­lei­tern. "Auf­wa­chen jetzt bit­te!", ermahnt Fried­rich sei­ne Sän­ge­rin­nen, wäh­rend er vor- und zurück­geht, um die Akus­tik des Raums zu über­prü­fen. Sie scheint zu pas­sen. Er klatscht in die Hän­de. "Fühlt ihr euch gut?" Was folgt, ist das Konzert.

Die Schola Cantorum Leipzig wurde 1963 gegründet und vereint heute etwa 300 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in verschiedenen Ensembles.